„Komm herein, wir laden dich zum Essen ein.“ – Schon mehreren Passanten dürften diese Plakatständer im Brixlegger Ortszentrum aufgefallen sein. Was sich dahinter verbirgt? Die Initiative „Menschliche Werte“.
So komme ich also vorbei, am Freitag, den 4. Oktober am Herrnhausplatz 9. Beim Betreten des Hauses strömt mir sofort ein feiner Duft in die Nase, es riecht nach Gewürzen und frischem Brot. Italienischen Bohnennudeleintopf mit Baguette gibt es heute. Ringsum höre ich Geklapper und Geplapper, im Raum herrscht eine freundliche, entspannte Atmosphäre. Rund 15 Mittagsgäste sitzen auf mehrere Tischgruppen verteilt und drei kleine Kinder wuseln in der Spieleecke umher.
Die Regeln sind leicht zu merken: [...] Setz dich hin, dein Essen wird serviert, als Nachspeise gibt es Kuchen und Obst. Noch kann ich es nicht ganz glauben. Dieses gute Essen? Kostenlos? Warum? Und wo ist der Haken? „Das fragen sich viele Menschen“, schmunzelt Initiator Walter Zugal, der die Initiative gemeinsam mit seiner Frau Edith und weiteren Beteiligten vor gut eineinhalb Jahren gegründet hat. „Andere Menschen spenden oder helfen ehrenamtlich und wir laden zu Mittag ein.“ Das heißt gemeinschaftlich vegetarisch Essen ohne Verpflichtungen, ohne Gegengabe, ohne Geld. Bei seinen Reisen nach Indien sei es dort üblich gewesen, dass manche Einwohner das ganze Dorf eingeladen haben und die Leute sich bei der gemeinsamen Mahlzeit unterhalten haben. Auch für die Initiative „Menschliche Werte“ stehen der zwischenmenschliche Aspekt und vollwertige Speisen im Mittelpunkt. „Wenn jemand einen Ausgleich für die Kosten sucht, kann er oder sie jemand anderem etwas Gutes tun“, ergänzt Zugal.
Der Zugang zum „Essen ohne Kosten“ ist unbeschränkt, jede und jeder ist herzlich willkommen. Auch bei meinem Besuch sind die Anwesenden bunt gemischt, von der jungen Mutter über den Arbeiter, der seine Mittagspause hier verbringt, bis hin zum älteren Ehepaar. Ich setze mich zu einer freundlichen Frau und ihren zwei Söhnen an den Tisch, etwas später stößt noch eine andere Familie zu uns dazu. Wir kommen gleich ins Gespräch, reden über das leckere Essen, über das Wetter, über das Leben. „Einfach nett ist sowas“, findet auch eine andere Anwesende. Manche sitzen länger hier und unterhalten sich noch, andere verabschieden sich und ziehen weiter. Auch ich verlasse das lilafarbene Haus, satt und glücklich und inspiriert von den angenehmen Begegnungen. Und ja, es wird bestimmt nicht mein letzter Besuch beim „Essen ohne Kosten“ gewesen sein. (mel)
Quelle: Brixlegger Wirtschaft, Weihnachtspost 2019